München. Der Anstieg der Insolvenzen im deutschen Kfz-Gewerbe im ersten Halbjahr macht sich bei den Werkstätten bemerkbar, im Handel dagegen nicht. Für IFA-Direktor Will Diez hat diese Entwicklung mehrere Ursachen. Zum einen seien im Handel schon in den vergangenen Jahren viele Betriebe in die Insolvenz gegangen. „Die ganz schwachen sind schon weg, jetzt kommen die schwachen und irgendwann wird es die schwächelnden Betriebe treffen. Dann bleiben die starken. Und vielleicht fangen die auch irgendwann an zu schwächeln“, sagt der Experte. So manchem Autohaus drohe durch kräftiges Wachstum die Gefahr einer Überdehnung – in Bezug auf die Managementkapazitäten oder die Finanzierung. Dass die Insolvenzentwicklung im Handel nach unten geht, liegt für Diez auch an den niedrigen Zinsen. Noch werde der Markt mit billigem Geld geflutet, sodass die Bestandsfinanzierung sehr günstig sei: „Da kann sich so mancher Händler halten, der das sonst nicht geschafft hätte.“ Steigen die Zinsen wieder, könnte das auch im Handel eine Trendwende einläuten.
Druck aufs Rückgrat
Die Werkstätten – früher gerne als „Ertragsrückgrat der Branche“ gelobt – geraten dagegen von mehreren Seiten unter Druck. So sei die Auslastung der Servicebetriebe zum Problem geworden, sagt Diez. Das treffe insbesondere freie Betriebe, weil diese bei den komplexer gewordenen Autos immer mehr Geschäft abgeben müssten. Sie kämen technisch mit den Reparaturen nicht mehr zurecht. Hinzu kommen die längeren Wartungsintervalle und die geringere Anfälligkeit der Autos. Auch durch das Schadensmanagement leiden die Erträge so manches Servicebetriebs, weil die Versicherer Druck auf Teilepreise und Stundenverrechnungssätze ausüben, wie Diez erklärt.
Auf der anderen Seite werde das Werkstattgeschäft immer kapitalintensiver, weil immer mehr teure Ausrüstung und Spezialwerkzeug notwendig seien, um einen umfassenden Service anzubieten. Dies sei ein weiterer Punkt, der den Druck insbesondere auf kleine Betriebe erhöhe, weil diese letztlich die gleichen Investitionen tätigen müssten, aber weniger Werkstattdurchgänge hätten. „Skaleneffekte zu erzeugen, gewinnt im Servicegeschäft an Bedeutung“, fasst Diez den Vorteil größerer Betriebe zusammen. Einen relevanten Einfluss von Werkstattportalen durch Preiswettbewerb oder die von ihnen verlangten Umsatzbeteiligungen auf die finanzielle Lage der Branche sieht der Experte dagegen noch nicht. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform hat die Insolvenzen im ersten Halbjahr für die Automobilwoche hochgerechnet. Ihr zufolge waren 340 Unternehmen betroffen – 20 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das könnte eine Trendwende andeuten. In den vergangenen fünf Jahren war die Zahl der Pleiten im Kfz-Gewerbe rückläufig.