„Wir werden das Thema Großkundengeschäft wie unseren Augapfel hüten, denn es ist ein extrem wichtiger Ertragsbringer – nicht nur für die großen Händler“, sagt Dirk Weddigen vonKnapp, Vorsitzender des deutschen VW/Audi-Partnerverbands (VAPV). Die VW-Partner wehren sich gegen einen Direktbelieferungsvorbehalt für bestimmte Flottengrößen und markenspezifische Großkundenverträge, den ihnen Wolfsburg gerne in den neuen, umstrittenen Händlervertrag schreiben möchte. Die Bedrohung der Flottenvereinbarungen treffe vor allem große Gruppen – aber auch viele mittlere Betriebe, die sich zu Liefergemeinschaften zusammengeschlossen haben, so die Befürchtung des Verbands.
Der Streit um die Großkunden ist kein VW-spezifisches Thema, sagt Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland gut 35 Prozent aller Neuwagen an gewerbliche Kunden verkauft. Führende Marken: VW, Audi, Mercedes, BMW und Ford (siehe Seite 13). Bei Ford gibt es dabei offenbar wenig Reibungspunkte, denn „für Ford waren Großkunden immer schon ein wichtiger Absatzweg“, sagt Diez und man habe daher „frühzeitig Arrangements mit dem Handel getroffen“.
Bei den Premiummarken Mercedes und BMW wiederum werden die Großkunden meist von den Niederlassungen bedient und „die Vertreter haben sich daran gewöhnt und ihr Geschäftsmodell daran ausgerichtet“.
Wo ein Großkunde anfängt und wo die „Schmerzgrenze“ für den Handel liegt, variiert von Marke zu Marke. Hersteller definieren den Großkundenstatus individuell anhand der Zahl der jährlich abgenommenen Fahrzeuge. Dabei ist die Schwelle meist im einstelligen Bereich. Wer darüber liegt, bekommt ein Rahmenabkommen, sprich klassische Mengenrabatte. „Wenn wir über echte Großkunden sprechen, also Kunden, die im Jahr mehr als 100 Autos kaufen, ist das Geschäft für den Händler allein gar nicht zu machen“, sagt Diez. Die wirklich großen Volumen seien „reines Margengeschäft, da werden Rabatte bis zu 30, 40 Prozent aufgerufen.“
Ein einzelner Händler kann dies nicht leisten – und er kann auch nicht auf Erträge aus dem Aftersalesgeschäft zählen. „Nehmen Sie einen Kunden wie zum Beispiel Siemens. Der lässt die Autos da warten, wo sie fahren.“
Deshalb liegt das eigentliche Konfliktpotenzial zwischen Hersteller und Handel nicht bei den echten, sondern bei den vermeintlichen Großkunden, also Firmen, die oft nur fünf, zehn oder 15 Autos im Jahr kaufen. „Small commercials“ nennt Audi diese Klientel. „Das sind keine Großkonzerne, sondern größere Handwerksbetriebe oder Mittelständler, die regional aktiv sind“, sagt Diez. Diese Klientel legt großen Wert auf eine persönliche Kundenbeziehung und die regionale Präsenz ihres Händlers im Service. So kann das Autohaus auch aus dem Aftersalesgeschäft Profite ziehen. Diez: „Wenn der Hersteller diese Klientel haben will, dann wird es für den Händler eng.“
Ein Sonderfall unter den Großkunden sind die Autovermieter. Dass sie junge Rückläufer selbst in den Markt drücken, sorgte oft für Konflikte. „Heute haben die Hersteller mit den meisten Vermietern Buy-back-Vereinbarungen getroffen. Dadurch hat sich das entspannt“, sagt Diez.
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