Herr Scheuch, wie geht es ATU heute – ein Jahr nach der Befreiung von den Schulden?
Wir haben bereits einiges geschafft, sind aber noch im Umbau des Unternehmens. Im Wesentlichen besinnen wir uns auf unsere Kernkompetenz: Das Reparieren von Autos sowie das Reifengeschäft.
Was bedeutet das genau?
Wir haben erheblich in Training, Ausbildung und Schulung investiert und wollen das auch fortsetzen. Das ist auch nötig. Weil wir alle Marken abbilden, gibt es einen erhöhten Qualifikationsbedarf. Außerdem haben wir in die Werkstätten investiert, um auf dem Stand der Technik zu bleiben.
Wie hoch waren die Investitionen in Technik?
Ein zweistelliger Millionenbetrag. Auch die Investition in die Weiterbildung kostet erhebliche Summen. Da die bilanzielle Sanierung abgeschlossen ist, haben wir ausreichend Mittel zur Verfügung.
Was hat die Überprüfung der Filialen ergeben?
Wir haben 20 Filialen geschlossen. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass wir nahezu 600 Filialen in Deutschland haben und das Konzept über Jahre nicht auf den Prüfstand gestellt worden war.
Sie wollten auch die Mietverträge der Filialen neu verhandeln.
Wir sind nach wie vor in Gesprächen mit den Vermietern. Vereinzelt konnten wir auch schon erste Zugeständnisse erzielen. Doch bei so manchem durch Großbanken finanzierten Immobilienfonds machen wir kaum Fortschritte.
Wie lief der Mitarbeiterabbau?
Wir haben 2014 etwa 1700 Mitarbeiter abgebaut und sind jetzt bei rund 10.000 Beschäftigten. Die verbliebenen Mitarbeiter machen den gleichen Umsatz. Ihre Produktivität ist also rund 20 Prozent höher. Das liegt unter anderem daran, dass wir mehr Verantwortung in die Filialen gegeben und ein neues Prämiensystem eingeführt haben. Dadurch optimieren sich die Filialen selbst. Es gibt im Shop eine Prämie für den Pro-Kopf-Umsatz und in der Werkstatt eine für die Auslastung. Beide sind für das ganze Team, so dass alle an einem Strang ziehen.
Das erste Quartal 2014/15 ist abgeschlossen. Ist man unterm Strich in den schwarzen Zahlen?
Nein, das war aber auch noch nicht für dieses Jahr geplant, das durch Sonderaufwendungen und den Umbau geprägt ist. Wir sind beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen deutlich positiv und über Plan. Und ab 2015/16 streben wir die Rückkehr in die schwarzen Zahlen an.
Sie hatten Ihren Posten als Geschäftsführer interimsmäßig angetreten. Kann man das interimsmäßig inzwischen streichen?
Ja. Ich habe das damals übergangsweise gemacht, weil ich mir nicht sicher war, ob das Geschäftsmodell eine Chance auf eine Sanierung hat. Da ich das für mich inzwischen positiv beantwortet habe, bin ich von interimsmäßig auf fest umgestiegen.
ATU wird im Netz oft kritisiert. Wie wollen Sie das ändern?
Wir haben am Tag 40.000 bis 50.000 Transaktionen und es gibt auch viele positive Rückmeldungen. Im Internet gibt es jedoch die Tendenz, dass eher negative als positive Bewertungen gepostet werden. Trotzdem müssen wir an der Qualität arbeiten und diese verbessern. Zudem konzentrieren wir uns jetzt auf unaufdringliches Beraten, statt dem Kunden unbedingt etwas verkaufen zu wollen.
Wie soll das in die Köpfe kommen?
Das ist eine klare Ansage der Unternehmensleitung. Und die Auswirkungen lassen sich bereits in der Struktur unseres Umsatzes erkennen.
Ein großes Thema in der Branche sind Werkstattportale. Nutzen Sie deren Dienste?
Wir sind in ersten Gehversuchen damit und wir werden diesen Weg gehen. Ich glaube aber, dass er im Moment noch natürliche Grenzen hat. Man kann über das Internet Geschäfte anbahnen und Kontakt herstellen aber es ersetzt nicht die Diagnose. Mit wem wir zusammenarbeiten, möchte ich im Moment aber noch nicht sagen.
Wird es nach der Schrumpfung mittelfristig wieder Wachstum geben, auch ins Ausland?
Ich denke, nach einer Konsolidierungsphase werden wir wieder mit neuen Filialen und Mitarbeitern wachsen. Aber nicht überall. Im Münchner Raum beispielsweise könnten wir aber sicher noch weitere Filialen brauchen und da gibt es auch Überlegungen. Das Ausland ist für uns über den deutschsprachigen Raum hinaus derzeit kein Thema.
Früher hieß es bei ATU oft, der milde Winter habe das Geschäft getrübt. Spüren Sie die Witterung?
Das Winterreifengeschäft läuft gut. Und wir haben das Thema Reifen in unserer Ertragsplanung auch nicht mehr so hoch eingestuft, wie das in der Vergangenheit der Fall war.