München. Logistik und die Lieferkette zählen zwar nicht zu den Kernkompetenzen des Automobilbaus. Auch stehen sie immerhin für durchschnittlich sechs Prozent der Produktkosten. Doch sie stellen auch eine Lebensader für Produktion und Vertrieb dar. Zumindest das Spektrum der auszulagernden Aufgaben scheint die Branche daher nur noch sehr vorsichtig zu erweitern. Einige Hersteller und Zulieferer haben in der Vergangenheit zunehmend Aufgaben der internen Logistik, Bestandsmanagement und ansatzweise auch Planungsaufgaben an Dienstleister vergeben. „Was das Bestandsmanagement – also Supplier-owned Inventory oder Pay-on-Production – angeht, so scheint ein gewisser Sättigungsgrad erreicht zu sein“, erläutert Bert Bong, der bei Ford für Materiallogistik und Supply- Chain-Management in Europa zuständig ist. Ford habe bereits „erfolgreich Lead-Logistics-Provider- Konzepte für die Materiallogistik eingeführt“, wie Bong erklärt. Dabei übernehmen externe Logistiker auch koordinierende und planende Aufgaben. Klar ist für Bong: „Produktionskritische Aktivitäten“ bleiben in Ford- Hand. Dazu gehören auch Sourcing- Entscheidungen und Vertragsgestaltung bei Transport-, Umschlag- und Lageraktivitäten. Eine rote Linie zieht auch John Sobeck, Leiter Supply-Chain-Management bei ZF Friedrichshafen: „Die Gesamtverantwortung für Management und Steuerung der Lieferketten wird ZF definitiv nicht auslagern.“ Allerdings, so fügt er hinzu, gebe es „Überlegungen, für ausgewählte Warenströme Aufgaben der Supply-Chain-Integration an Dienstleister zu vergeben“. Outgesourct werden könnten so auch operative Beschaffungsaufgaben wie Disposition, also Mengen- und Terminplanung, bis hin zur taktischen Beschaffungsplanung, also Kapazitätsvorschau, -abgleich und Vorabinformation. „Im Ergebnis könnte ein Logistikpartner eine komplette Lieferkette durchorganisieren und umfassend operativ steuern“, resümiert Sobeck.
Gratwanderung Outsourcing
Im Ersatzteilbereich setzt Ford ebenfalls auf Auslagerung. „Gute Erfahrung haben wir mit dem Outsourcing von kleineren und mittleren Ersatzteillägern gemacht“, betont Raymond Damerow, der bis vor Kurzem die europäische Teileversorgung und -logistik von Ford verantwortete und nun Verkaufsdirektor von Ford Deutschland ist. Derzeit werden vier Teilevertriebszentren in Europa von Logistikdienstleistern betrieben. Generell würden „neben einfachen Transport- und Lagerdienstleistungen auch logistische Planungsaktivitäten im Supply- Chain-Management“ an Logistikdienstleister und -integratoren ausgelagert. Beim Bestandsmanagement komme es zu Teiloder auch zu Komplettauslagerungen. Aber: „Bei Ford liegt die Verantwortung des Supply-Chain- Managements weiterhin bei der Innenorganisation“, so Damerow.
Auf der Anbieterseite profitieren Logistikdienstleister deutlich von verstärktem Outsourcing in den vergangenen Jahren. Bei Schnellecke etwa stellen interne Logistik und Planungsaufgaben „mittlerweile eine wesentliche Säule unseres Geschäftsmodells in der automobilen und automobilnahen Kontraktlogistik dar, wie Schnellecke-COO Andreas Wagner erläutert. In erster Line handle es sich dabei um operative Aufgaben und nur in beschränktem Maß um Planungstätigkeiten. Daneben hat Schnellecke auch viele Montagetätigkeiten übernommen. Mehr als die Hälfte der rund 18.000 Mitarbeiter beschäftigt sich mit interner Logistik bei Automobilherstellern und -zulieferern. Der größte Teil der übrigen Mitarbeiter sei mittlerweile mit wertschöpfenden Dienstleistungen befasst, betont Wagner. Montiert werden etwa Fahrwerke, Frontends, Mittelkonsolen und andere Module in Sequenz. Auch Abgasanlagen werden von Schnellecke geschweißt.