Jetzt droht selbst Ford mit Produktionsverlegungen, obgleich man seit 1909 in Großbritannien zu Hause ist und dort mit Abstand die meisten Autos in Europa verkauft.
Kürzlich erzählte mir ein deutscher CEO, wie er Theresa May das Cold-Brexit-Szenario in allen Facetten aufgezeigt habe: die langen Lkw-Schlangen am Ärmelkanal, Produktionsstillstand, wenn Fahrzeugteile und Komponenten nicht mehr just in time an die Bänder kämen, und natürlich die ganzen weiteren Belastungen.
Der Prime Minister hätte das auch alles verstanden. Und dennoch hat Frau May wohl nur mit den Schultern gezuckt, wie schon zuvor bei Dyson, Airbus oder Nissan. Dazu muss man natürlich verstehen, dass es der Auftrag des Prime Minister ist, das Ergebnis des Referendums, den Wunsch der Mehrheit nach „Take back control“, umzusetzen. Und nicht etwa, ökonomische Schocks zu glätten.
Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass ein geordneter Brexit per se nicht gelingen kann, solange die Hintertür zu Irland offen bleibt. Mit der Backstop-Lösung wurde eine Catch-22-Situation geschaffen, die konservative Tories niemals akzeptieren werden – weder bis zum 29. März noch danach. Wer als Unternehmenslenker einen harten Brexit fürchtet, sollte folglich nicht in Downing Street No. 10 vorsprechen, sondern in Brüssel.
Denn solange dort das Paket nicht wieder aufgeschnürt wird, ist keine Lösung zu erwarten. Ebenso wenig durch ein neues Referendum, bei dem dann vielleicht eine neue Mehrheit der Briten sagen würde: Wir bleiben jetzt doch im Club. Das wäre in etwa so, als hätte man bei der letzten Fußball-WM die Vorrunde solange wiederholt, bis Jogis Jungs endlich Gruppenerster gewesen wären.
Der EU bleiben noch knapp 40 Tage Zeit, die gekränkte Eitelkeit hinunterzuschlucken und den Entschluss, ein Exempel zu statuieren, zu überdenken. Es sei denn, man schießt sich gerne selbst ins Knie, wie die jüngsten ökonomischen Berechnungen zeigen. In diesem Fall stünde man allerdings mit Boris Johnson und seinem Statement „Fuck Business“ auf einer Stufe.
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