Ein wesentlicher Teil der Zukunft des VW-Konzerns entsteht fernab der Wolfsburger Zentrale, 600 Kilometer weiter südlich. In der ehemaligen MAN-Zentrale in München entwickeln 50 Datenwissenschaftler und Experten für künstliche Intelligenz (KI) Ideen für den Einsatz der neuen Technologien. Kopf des Projekts ist Patrick van der Smagt. Der Professor für künstliche Intelligenz forscht seit anderthalb Jahren im Data Lab des Volkswagen-Konzerns.
Van der Smagt setzt sich zwartäglich mit künstlicher Intelligenzauseinander, er bewahrt sich dabei aber einen kritischen Blick und sieht KI keineswegs alsAllheilmittel für die Zukunft. Ausgefeilte Algorithmen, Wahrscheinlichkeitsrechnungen und mathematische Funktionen, die beispielsweise ohne Überwachung selbst lernen können, machten das Leben und die Arbeit aber effizienter. „Das klingt wie Magie, ist es aber nicht“, sagt van der Smagt.
Das Data Lab ist für VW dabei keineswegs nur ein Experiment, es soll auch Geld einspielen. Der Konzern sieht großes Potenzial in intelligenten Maschinen: Einsparmöglichkeiten von rund 300 Millionen Euro hat Wolfsburg errechnet. Die 50 Wissenschaftler – noch in diesem Jahr sollen es 70 sein – haben sich längst refinanziert, auch wenn sich noch viele Projekte in der Pilotphase befinden. „Das Data Lab spielt ein Mehrfaches seiner Kosten ein“, sagt IT-Konzernchef Martin Hofmann. Er sieht für den Einsatz der KI keinerlei Grenzen – es sei denn, der Mensch schafft sie. „Wir verfolgen einen humanistischen Ansatz: Die Algorithmen sollen die Mitarbeiter unterstützen, aber nicht ersetzen. Und: Der Mensch bleibt die letzte Instanz“, sagt Hofmann.Die Wissenschaftler haben etwa Chatbots entwickelt, mit denen Einkäufer Bestellungen abwickeln können. Sogar die Preisverhandlungen übernimmt der Algorithmus. Ein anderes Programm passt Ersatzteilpreise in Märkten so an, dass VW gegenüber anderen Ersatzteillieferanten wettbewerbsfähig ist – in Echtzeit. „Bislang machen diesen Job Mitarbeiter, die für Bestellungen SAP-Tabellen durchforsten müssen. Das dauert mehrere Stunden und ist Sisyphusarbeit“, erklärt Hofmann.
Das Data Lab wird auch zum Netzwerken genutzt. Start-ups, die an maschinellem Lernen oder künstlicher Intelligenz arbeiten, können sich bewerben. VW vergibt Förderungen für drei Monate. Erich Payer wurde als einer von fünf Bewerbern unter tausend ausgewählt. Sein Start-up Deep Virtuality entwickelt auf KI basierende Simulationssoftware. Durch den Input der KI-Wissenschaftler im Data Lab konnte Payer die Trainingszeiten seiner neuronalen Netze von drei Tagen auf 13 Minuten verringern.
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Volkswagens IT-Chef Martin Hofmann spricht am 13. März auf der Automobilwoche-Konferenz Big Dara - Car Data in München darüber, wie die digitale Transformation den VW-Konzern bewegt und welche Rolle die IT im Konzern spielt. Seien Sie dabei.
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