Batteriezellen: Was VW besser machen will als Northvolt

Mit dem Produktionsanlauf in Salzgitter tritt die Volkswagen-Tochter PowerCo in die nächste Phase ihres Wandels ein: Vom Projekt zur Serienfertigung. Die ersten Zellen, die über das Prototypen-Stadium hinaus gehen, sollen in den nächsten Tagen vom Band laufen und in kommenden Serienfahrzeugen erprobt werden.

Ab 2026 sollen in der neuen Gigafactory im Block 1 dann täglich rund 60.000 Batteriezellen entstehen, was zunächst einer Jahreskapazität von 20 Gigawattstunden entspricht und sich in Schritten von jeweils 20 Gigawattstunden ausbauen lässt – wenn es der Markt erfordert. Die Halle für eine zweite Linie steht bereits, wird aber derzeit noch nicht ausgebaut.

Im Zentrum der Strategie steht die sogenannte Einheitszelle, die konzernweit bis zu 50 Prozent des Akku-Bedarfs abdecken soll. Erste Zellen auf Nickel-Mangan-Kobalt-Basis (NMC) erreichen eine Energiedichte von 660 Wattstunden pro Liter – kein neuer Rekord, aber ein sehr respektabler Wert, der rund zehn Prozent über bisherigen Zellen liegt. Anders als bisher, werden die Zellen nicht mehr erst zu Modulen gruppiert, sondern mit Cell-to-Pack-Technologie direkt in das Batteriesystem integriert. 

Zum Einsatz kommen die neuen Zellen zunächst in der Kleinwagen-Familie rund um den ID. Polo. Die NMC-Zelle soll auf 56 Kilowattstunden Kapazität kommen, das günstigere Lithium-Eisenphosphat-Pendant (LFP) auf 38 Kilowattstunden. Bei einem angenommenen Verbrauch von gut zwölf kWh pro Kilometer dürfte auch die Basis-Version über 300 Kilometer weit kommen; für die Top-Version verspricht Volkswagen mehr als 450 Kilometer.

Während Salzgitter gerade die NMC-Zellfertigung hochfährt, sollen die LFP-Zellen ab 2026 in Spanien anlaufen. Natrium-Ionen-Batterien gelten als nächste Option, auch wenn sie noch nicht reif für den Einsatz im Pkw sind, und langfristig arbeitet PowerCo gemeinsam mit QuantumScape an Feststoff-Technologien. Auf der IAA hat der Konzern einen Prototyp einer Solid-State-Batterie in einem Versuchs-Motorrad von Ducati präsentiert.

Parallel entsteht in Salzgitter ein erweitertes Testzentrum, das von bisher 2800 auf künftig 7000 Batterietestkanäle wächst, davon 5000 für den automobilen Einsatz. Auch die Prototypenfertigung wird mit bis zu 6000 Zellen pro Jahr deutlich ausgebaut.

Bereits 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten direkt in der Zellfertigung, insgesamt beschäftigt PowerCo rund 2000 Menschen, davon 1600 am Standort Salzgitter.

"Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", betont CEO Frank Blome. Die Standardisierung soll nicht nur die schnelle Übertragung neuer Zellchemien in die Produktion ermöglichen, sondern vor allem auch Skaleneffekte sichern.

Während etwa CATL in seinen Werken teils mehrere hundert verschiedene Zelltypen fertigt und jeder nur zu einem Fahrzeug passt – und dementsprechend unter schwankender Nachfrage nach eben jenem Auto leidet – kann PowerCo dank der Einheitszelle die Produktion schnell umschichten und ihre Zellen für andere Konzernmodelle liefern.

Die Konzentration auf einen Zelltyp soll zudem den stabilen Hochlauf erleichtern. Selbst Northvolt habe von Beginn auf mehr als eine Handvoll Zellen gesetzt, was die Komplexität deutlich erhöht, heißt es aus Branchenkreisen. Vermutlich einer der Gründe für das Scheitern. Ein anderer: Anders als PowerCo, hatte Northvolt keinen starken Partner im Rücken.

"Wenn wir morgen 30 Elektriker brauchen, hilft uns das Stammwerk in Wolfsburg“, so Blome. In Nordschweden dauert es Tage, bis überhaupt Experten verfügbar sind. Außerdem setzt die PowerCo bei den Anlagen auf das Knowhow des Herstellers – und der sitzt in China.

Die Niedersachsen haben im Getriebewerk im chinesischen Dalian eine Art Musterfertigung, die Line Zero, aufgebaut, wo sie im engen Schulterschluss mit dem Anlagenhersteller die Prozesse und Abläufe optimieren. Anschließend werden diese als Blaupause nach Salzgitter übertragen, später auch in die Werke in Spanien und Kanada. Das klingt simpel. Es bringt aber einen großen Vorteil, wenn der Anlagen-Experte nur wenige Kilometer entfernt sitzt und nicht einmal um die Welt fliegen muss.

Der Standort Salzgitter profitiert neben der Erfahrung des Konzerns im Aufbau großer Fabriken zudem von bestehender Infrastruktur und einer starken Forschungslandschaft.

Um international wettbewerbsfähig zu sein, plädiert Blome für eine staatliche Produktionsförderung; schließlich ist die Batterie mit rund 40 Prozent der Fahrzeugkosten das teuerste Bauteil.

Diskutiert wird in der EU ein zeitlich begrenzter "Battery Booster" mit 25 Euro je Kilowattstunde. In den USA liegt die Förderung bei 35 Dollar je Kilowattstunde – ein deutlicher Wettbewerbsvorteil.

Auch wenn er steinig ist: PowerCo will den Weg vom "Fast Follower" zum europäischen Batterietreiber gehen. Mit der Serienproduktion in Salzgitter, der Expansion nach Valencia und St. Thomas in Kanada sowie einer klaren Roadmap für Zellchemien und Lieferketten sichert Volkswagen seine Elektrostrategie ab.

Ob das gelingt, wird jedoch maßgeblich davon abhängen, ob Europa die nötigen politischen und industriellen Rahmenbedingungen schafft – und ob PowerCo im globalen Wettbewerb die versprochene Kombination aus Skaleneffizienz, Technologieoffenheit und lokaler Wertschöpfung einlösen kann.