CO2-neutrale flüssige Kraftstoffe - auch "E-Fuels" genannt - sollen helfen, Verbrennungsmotoren sauberer zu machen. Bisher sind diese synthetischen Kraftstoffe jedoch deutlich teurer als fossile Energieträger. Bald schön könnten sie aber zu bezahlbaren Kosten produziert werden. Das geht aus einer neuen Prognos-Studie zur Zukunft der Energiewende hervor.
Jens Hobohm, Vize-Direktor der Prognos AG, die die Untersuchung für Verbände der deutschen Mineralölwirtschaft vorgenommen hat: "Im Jahr 2030 wird ihre Herstellung, abhängig vom Produktionsstandort, zwischen 90 Cent und 1,40 Euro je Liter kosten".
E-Fuels eigenen sich für den Bestand der rund 63 Millionen Fahrzeuge und 5,6 Millionen Ölheizungen in Deutschland. Wie groß dieser Beitrag im Pkw-Bestand Europas wäre, haben Experten des Automobilzulieferers Bosch kürzlich errechnet: Bis 2050 könnte der konsequente Einsatz von synthetischen Kraftstoffen ergänzend zur Elektrifizierung bis zu 2.800.000.000.000 Kilogramm CO2 (gleich 2,8 Gigatonnen) einsparen. Das entspricht der dreifachen Menge des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes von Deutschland im Jahr 2016, rechnet der Zulieferer vor.
Darüber hinaus ist laut Hobohm ein evolutionärer Weg in eine klimafreundliche Zukunft möglich: "Durch eine problemlose Beimischung zu den heutigen fossilen flüssigen Energieträgern können CO2-neutrale Kraft- und Brennstoffe stufenweise zu einer CO2-Reduktion bis hin zur vollständigen Treibhausgasneutralität beitragen."
Drei Verfahren führen zum Ziel:
• Die Erhöhung des Biomasseanteils - zum Beispiel Pflanzenöle - so genannte Biofuels: Allerdings ist in Deutschland die Anbaufläche für Energiepflanzen begrenzt und es ist verhältnismäßig teuer, flüssige Energieträger aus Biomasse herzustellen (1,90 bis 2,50 Euro pro Liter). Hinzu kommen die Kosten für Aufbereitung und Vertrieb sowie Abgaben und Steuern.
• Die Erzeugung von Wasserstoff mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien, der in den Produktionsprozess der Raffinerien eingebunden wird. Dieses Verfahren könnte rasch zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen bei den Raffinerien beitragen. Auch Wind- und Solaranlagen greifen auf begrenzte Flächen zu und könnten langfristig an Potenzialgrenzen stoßen. • Die Nutzung von Power-to-Liquid (PtL)-Technologien: Dabei handelt es sich, nach Einschätzung der Forscher, um die derzeit aussichtsreichsten Verfahren, um flüssige Energieträger großindustriell treibhausgasneutral zu produzieren. Da PtL-Energieträger speicher- und transportierbar sind, können sie in den sonnen- und windreichen Regionen der Welt - günstiger als in Deutschland - erzeugt werden. Für synthetisches Rohöl, das mit PtL-Technologie im Ausland gewonnen wird, erwarten die Autoren im Jahr 2050 inflationsbereinigt Produktionskosten von 50 Cent bis 1,10 Euro pro Liter.Die Autoindustrie hat diese und ähnliche Technologien teils schon im Einsatz. So betreibt der Premiumautobauer Audi eine Power-to-Gas-Anlage, um dort mit überschüssigem Ökostrom Erdgas-Ersatz zu binden. Das E-Gas binde genau so viel CO2, wie es bei der Verbrennung wieder abgebe, so der Hersteller.
VW-Tochter Seat hat gemeinsam mit dem Wasserversorger Aqualia einen Biokraftstoff entwickelt. Dafür wird Abwasser aus Kläranlagen in Biomethan umgewandelt. Fahrzeuge, die mit dem Biokraftstoff fahren, stoßen nach Angaben von Seat 80 Prozent weniger CO2 aus als benzinbetriebene Autos.
Um die Vorteile der flüssigen Energieträger nutzbar zu machen, sind zwei komplexe und teuer Vorhaben nötig: Der Bau von großen Wind- sowie Solarparks einerseits und andererseits die Errichtung von Produktionsanlagen. "Hierzu bedarf es erheblichen Kapitaleinsatzes und internationaler Kooperation", so der Schluss der Studienautoren.
Im weiteren Verlauf der Untersuchung wollen die Prognos-Experten herausarbeiten, wie eine treibhausgasneutrale Energieversorgung in Deutschland aussehen könnte. Hierbei soll der Lösungsbeitrag von PtL-Energieträgern herausgearbeitet werden.
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