Rüsselsheim/Berlin. Wer oft länger im Auto sitzt, kann davon ein Lied singen: Das Kreuz ist lahm, der Rücken schmerzt, und die ersten Schritte nach dem Aussteigen geht man wie ein Roboter. Schuld sind Experten zufolge schlechte Sitze im Fahrzeug. Zwar sehen sie eleganter aus und sind bequemer als früher. "Doch die Masse der Autositze ist für Langstreckenfahrer nicht geeignet", sagt Georg Stingel von der Aktion Gesunder Rücken (AGR) in Selsingen (Niedersachsen). Der Verein prüft Sitze und zeichnet sie mit dem "AGR-Gütesiegel" aus, wenn sie die Kriterien der Mediziner erfüllen. Bei den Autoherstellern ist die Ausbeute noch dürftig, so Stingel: "Bislang gibt es dieses Gütezeichen nur bei Mercedes und Opel."
Dabei ist das Kreuz im Auto besonders belastet, sagt Prof. Erich Schmitt vom Forum Gesunder Rücken in Wiesbaden: "Sitzen zwingt den Körper zur Ruhe. Muskeln, vor allem Bandscheiben, leben jedoch von der Bewegung." Häufiges, langes Sitzen in einer ungünstigen Position könne deshalb schmerzhafte Folgen haben. Insbesondere im Auto sei die Belastung groß. Deshalb müsse für Vielfahrer die Ergonomie stimmen.
Ergonomisch günstig und gesund für den Rücken sind Autositze den AGR-Experten zufolge nur dann, wenn sie über einen möglichst großen Verstellbereich in viele Richtungen verfügen. "Immerhin müssen sich große Männer darauf genauso wohl fühlen können wie kleine Frauen. Dicke und Dünne, Lange und Kurze - jeder muss hinter dem Lenkrad die richtige Position finden können", sagt Stingel.
Um das zu erreichen, müssen die Autohersteller einen großen Aufwand treiben. "Der Autositz ist längst ein komplexes Hightech-Möbelstück geworden", sagt Andrew Leuchtmann, Entwickler bei Opel in Rüsselsheim. Er ist nicht nur komplizierter als ein Wohnzimmersessel, sondern auch teurer: "Die Sitzanlage macht heute rund ein Zehntel des Fahrzeugwertes aus. Motor und Getriebe sind da oft günstiger."