Herr Lohscheller, 502 Millionen Euro Gewinn und eine Rendite von fünf Prozent – Opel hat im ersten Halbjahr 2018 beachtliche Ergebnisse erzielt. Welche waren die wichtigsten Treiber für diesen Erfolg?
Wir haben im Vertrieb unseren Kanalmix verbessert. Und wir haben unsere Preispositionierung Schritt für Schritt anpassen können – unsere neuen Modelle Insignia und Grandland X sowie Crossland X fahren bessere Erlöse pro verkauftem Fahrzeug ein. Das ist auch ein guter Indikator für die Markenstärke: Die Marke Opel gewinnt wieder an Kraft. Zudem sind uns deutliche Verbesserungen bei den variablen Kosten, etwa in den Fabriken, gelungen, bei den Einkaufskosten und bei den Fixkosten – hier in der Größenordnung von 28 Prozent.
Bitte nennen Sie konkrete Beispiele.
Bei Opel wird die Treppe von oben gekehrt. Unser Management ist um 25 Prozent kleiner geworden als es zu meinem Amtsbeginn noch war. So können wir Entscheidungen inzwischen schneller treffen. Wir sind nur noch sechs Personen in der Geschäftsführung. Die PSA-Architekturen, auf die wir in Rekordzeit umsteigen, haben eine deutlich geringere Komplexität, das zeigt sich etwa beim neuen Combo, beim Vivaro oder auch beim neuen Corsa, der kommendes Jahr in den Handel kommen wird.
Aber auch Fahrzeuge, die auf GM-Plattformen stehen, haben wir angepackt. Wir brauchen nicht 27 verschiedene Lenkräder und 35 unterschiedliche Farben, wenn die Kunden davon nur acht oder neun bestellen. Vom Kunden nicht gewünschte Optionen oder Kombinationen haben wir gestrichen.
Im ersten Halbjahr haben Sie mit Opel/ Vauxhall trotz der erfreulichen Zahlen Marktanteile verloren. Warum?
Sie haben recht, die Marktanteile waren rückläufig. Aus mehreren Gründen. Zum einen haben wir eine deutliche Fokussierung auf den Ertrag pro Fahrzeug gesetzt. Und wir haben in weniger profitablen Vertriebskanälen bewusst das Tempo verringert, etwa im Mietwagengeschäft. Jetzt wollen wir den Marktanteil stabilisieren und ihn in der Zukunft auch wieder steigern. Dabei werden uns die neuen Fahrzeuge sicherlich helfen. Festzuhalten ist: Trotz der geringeren Marktanteile haben wir ein richtig gutes Halbjahresergebnis erzielt. Das ist, was wirklich zählt.
Das zweite Halbjahr läuft erfahrungsgemäß weniger stark. Wie wollen Sie die fünfprozentige Rendite halten?
Wir machen genau so weiter wie im ersten Halbjahr. Ja, das zweite Halbjahr ist in der Regel schwächer. Doch wir werden das Gesamtjahr abwarten, in Ruhe bewerten und dann im Februar 2019 sehen, wo wir für das Gesamtjahr landen. Wir haben versprochen, bis 2026 eine Rendite von sechs Prozent zu erreichen. Dieser Wert entspricht dem Durchschnitt dessen, was die europäische Autoindustrie verdient.
Inwiefern sorgt Sie der mögliche harte Brexit?
England ist und bleibt für uns ein sehr wichtiger Markt. Unsicherheit ist grundsätzlich nie hilfreich. Das gilt für auch für andere Märkte, etwa die Türkei. Wir sind in Großbritannien deutlich besser aufgestellt als noch vor zwei Jahren und haben wichtige Investitionsentscheidungen für das Werk Luton getroffen. Dort werden wir in Zukunft auch Fahrzeuge für Peugeot und Citroën produzieren. Wir hoffen natürlich, dass die Brexit-Diskussion vernünftig entschieden wird. Unsicherheit hilft weder den Kunden noch uns Herstellern.
Die Umstellung auf das Testverfahren WLTP drückt die Fahrzeugindustrie. Inwiefern ist Opel betroffen?
Hier sind wir sehr gut aufgestellt. 95 Prozent unserer Motoren- und Getriebekombinationen haben wir bereits für WLTP zertifiziert, diese Optionen können schon heute so bestellt werden. Keine Frage: Für die Industrie insgesamt ist die Umstellung auf WLTP eine enorme Herausforderung. Für Opel kann ich sagen: Wir stehen bestens da.
Wie will Opel die CO2-Ziele nach 2021 erreichen?
Wir fahren eine klare Elektrifizierungsstrategie. Bereits 2020 werden wir vier elektrifizierte Modelle im Markt haben. Der neue Corsa etwa wird rein elektrisch fahren, wir werden den Grandland X um einen Plug-in-Hybriden ergänzen, zudem im Geschäft mit leichten Nutzfahrzeugen elektrifizieren. Im Jahr 2024 werden wir 100 Prozent unserer Modellpalette auch in einer E-Version anbieten können. Ich betone: Opel wird profitabel, elektrisch und global. Da sind wir gut unterwegs – und werden somit auch die CO2-Hürde schaffen.
Elektrifizierung ist kostspielig. Wie will Opel die zusätzlichen Belastungen stemmen?
Wir sind auch hier als Teil des PSA-Konzerns – der Nummer 2 in Europa – erheblich besser aufgestellt als vorher.
Wird der Opel Ampera-e noch verkauft?
Ja, natürlich.
Auch in Deutschland?
Selbstverständlich.
Und mit welchen Stückzahlen rechnen Sie für 2018 auf dem deutschen Markt?
Wir veröffentlichen prinzipiell keine Verkaufsziele. Das möchte ich auch beim Ampera-e so halten. Denn nur das Erreichte zählt.
Können Sie die Sorgen vieler Beschäftigter um die Zukunft des technischen Entwicklungszentrums nachvollziehen? Und was tun Sie, um die Besorgnis zu dämpfen?
Natürlich verstehe ich die Unsicherheit. Aber wir haben schon viel erreicht, auch und gerade für das Entwicklungszentrum. Alle Opel-Fahrzeuge werden in Rüsselsheim designed und entwickelt. Das war in der Vergangenheit, als Teile dieser Aufgaben in Südkorea und den USA erledigt worden, ja nicht immer der Fall. Das heißt: Opel-Autos werden deutscher als sie es jemals waren. Zudem haben wir wichtige Kompetenzzentren für den PSA-Konzern nach Rüsselsheim gebracht. Denken Sie an die Brennstoffzelle, Sitztechnik, Teile der Elektrifizierung – all das sind bedeutsame Zukunftsfelder. Wir haben überdies die Plattform-Verantwortung für die Entwicklung leichter Nutzfahrzeuge hier in Rüsselsheim anvertraut bekommen. Dieses Geschäft wächst stark und hat eine hohe strategische Bedeutung. Und wir werden am Opel-Stammsitz eine komplett neue Motorenfamilie für den gesamten Konzern entwickeln. Diese vier Beispiele zeigen, wie wichtig das Opel-Entwicklungszentrum ist und bleiben wird. Außerdem gilt auch hier die Beschäftigungssicherung bis zum Jahr 2023.
Ist Auftragsfertigung für externe Unternehmen in einem der Opel-Werke eine Option zur Hebung des Auslastungsgrades?
Wir sind dabei, alle unsere Fabriken wettbewerbsfähig zu machen und werden überall eine vernünftige Auslastung haben. Und wir betreiben bereits ein solides Cross-Manufacturing mit unseren Schwestermarken. Da stellt sich die Frage nach einer Fertigung für Dritte aktuell nicht.
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