USA will Inflation Reduction Act entschärfen

Die Automobilwoche hatte ihn in der aktuellen Ausgabe als eine der großen Herausforderungen für die deutsche Automobilindustrie in 2023 identifiziert: Der Inflation Reduction Act von US-Präsident Joe Biden. Jetzt deutet sich noch vor dem Jahreswechsel ein erstes Signal der Entspannung im Umgang mit dem kontroversen Gesetz an.

So legte das Weiße Haus am Donnerstag erstmals ein Papier vor, das die konkrete Ausgestaltung des IRA-Gesetzes im Umgang mit der Wertschöpfung bei der Produktion von Elektroautos beschreibt. Das Dokument umfasst 182 Seiten. Zuerst hatte das Handelsblatt darüber berichtet.

Der wichtigste Satz darin: Die im Inflation Reduction Act formulierten Steuergutschriften für ausschließlich in den USA, Mexiko und Kanada gefertigte Elektroautos (inklusive Produktion der Batterie und Gewinnung der dafür notwendigen Rohstoffe) sollen jetzt auch für Länder gelten, die "vertrauenswürdige Handelspartner" sind. Dazu gehört auch die Europäische Union.

Bereits seit Wochen hatte eine Task Force zwischen EU und US-Behörden um Lösungen in dem Konflikt gerungen. Sogar US-Außenminister Anthony Blinken nahm an Gesprächen Mitte Dezember in Maryland teil. Der Inflation Reduction Act sah vor, den Kauf von Elektroautos mit Steuervorteilen von bis zu 7500 Dollar zu fördern, wenn die Endmontage in Nordamerika stattfindet, ihre Batterien größer sind als 7 kWh und deren Preis unter 55.000 (Pkw) beziehungsweise 80.000 Dollar (SUVs/Pick-ups) liegt.

Noch viel problematischer war aber: 40 Prozent der kritischen Rohstoffe (unter anderem Lithium, Nickel, Grafit) der Batteriebestandteile müssen in den USA oder einem Land, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen unterhalten, abgebaut oder verarbeitet werden. 2026 werden es sogar 80 Prozent der Rohstoffe sein. 50 Prozent des Batteriepacks müssen zudem ebenfalls in den USA endmontiert werden. Auch dieser Wert steigt bis 2028 auf volle 100 Prozent.

Regelungen, die für einen Aufschrei in der deutschen Automobilindustrie sorgten. Sowohl öffentlich als auch hinter den Kulissen. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sagte: "Das entspricht nicht unserem Verständnis von freiem Handel, sondern führt zu Protektionismus und am Ende zu steigenden Preisen für Verbraucher." Zeitgleich versuchten die Lobbyisten der großen europäischen Hersteller, bei Gesprächen in Washington, dem Gesetz noch die Schärfe zu nehmen. Offenbar mit ersten Erfolgen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach auf einer Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel am Donnerstagabend in Brüssel ebenfalls kurz über den Inflation Reduction Act. Der Kanzler sagte, es gehe um Regelungen, um die eigene industrielle Entwicklung zu verteidigen.

Ganz eindeutig sind die Pläne der USA zur Entschärfung des IRA allerdings noch nicht. So heißt es auf Seite 48 des jetzt vorgestellten Dokuments laut Handelsblatt weiterhin, "das zu fördernde Fahrzeug müsse einen bestimmten Prozentsatz an kritischen Mineralien enthalten, die in den Vereinigten Staaten extrahiert oder verarbeitet wurden, oder in einem Land mit dem die Vereinigten Staaten ein Freihandelsabkommen haben."

Das würde den Bestrebungen zur Entschärfung des IRA eigentlich entgegenstehen. Das zeigt: Es ist noch viel Arbeit für die Lobbyisten und die Politiker in Europa, aber ein gegenseitiger Wille zur Zusammenarbeit und gemeinsamen Ausgestaltung des umstrittenen Gesetzesplans scheint zumindest vorhanden.

Aus dem Datencenter:

Absatz und Marktanteil der Top-20-Marken in den USA Januar bis März 2021