Es gab schon einfachere Zeiten, um Vertriebschef der Marke VW in Deutschland zu werden. Zwar ist das Thema neue Verträge noch von Santels Vorgänger Thomas Zahn und seinem Chef Jürgen Stackmann weitgehend abgeräumt worden, doch da gibt es noch ein paar übriggebliebene Aufgaben für den Diplom-Kaufmann, der zuletzt Executive Vice President von SAIC Volkswagen in China war. Im Joint Venture leitete er die Aktivitäten der größten Vertriebsorganisation im Volkswagen Konzern und initierte dem Konzern zufolge "den digitalen Wandel im Verkaufsgeschäft".
In Deutschland steht für Santel nun die Aufgabe an, den Handel auf dem Weg in die neue digitalere Zukunft zu begleiten, wie sie jüngst von Stackmann zusammen mit dem europäischen Händlerpräsidenten Matti Pörhö skizziert wurde. Wie friedlich dies abläuft, wird zum einen davon abhängen, wie weit Volkswagen die Möglichkeiten ausreizt, die dem Konzern durch den Direktvertrieb gegeben werden. Volkswagen hat diese Möglichkeit in den neuen Verträgen gegen den Widerstand der Händlerschaft durchgesetzt und Teilen des Handels macht sie große Angst.
Zum anderen wird der erreichte Frieden zwischen Handel und Hersteller davon abhängen, ob es gelingt, die von Volkswagen versprochenen Kostenkürzungen um zehn Prozent zu erreichen. Gerade in Deutschland könnte dies angesichts der im europäischen Vergleich hohen Arbeitskosten anspruchsvoll werden. Hier wird es sehr darauf ankommen, ob die digitalen Prozesse so stark verbessert werden können, wie man sich das bei VW und in der Händlerschaft wünscht.
Ein weiteres Thema, das den ganzen deutschen Handel, betrifft, sind die immer noch andauernden Folgen des Diesel-Skandals. Gerade bei VW dürfte das Problem Leasingrückläufer und schwer verkäufliche Gebrauchtwagen noch für einige Zeit den Handel beschäftigen. Dass es alleine mit den aktuellen Diesel-Umtausch-Prämien aus der Welt zu schaffen ist, darf bezweifelt werden.
Ganz akut brennt beim deutschen VW-Handel zudem noch das Thema WLTP und die fehlende Lieferfähigkeit von Modellen unter den Nägeln. Auch im Oktober lag VW mit 18,9 Prozent weit unter den Neuzulassungen des Vorjahres. Im September hatte der Einbruch mit mehr als 60 Prozent allerdings noch weitaus schlimmer zugeschlagen. Hier arbeitet die Zeit allerdings für Santel. Sei Vorgänger Zahn hatte Ende August den Einbruch in September und Oktober vorausgesagt und gleichzeitig sehr starke Auslieferungen in November und Dezember angekündigt. Hier muss nun Nachfolger Santel liefern. In beiderlei Bedeutungen des Worts.
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