VW fehlen in Wolfsburg 330.000 Fahrzeuge

Der Rückstand ist gewaltig. Allein im Wolfsburger Stammwerk hat VW im vergangenen Jahr mehr als 300.000 Fahrzeuge nicht produziert, weil Halbleiter fehlten. „Hätte das Unternehmen genügend Halbleiter zur Verfügung gehabt und sie nicht per Mangelverwaltung verteilen müssen, hätten wir in Wolfsburg im vergangenen Jahr 330.000 Fahrzeuge mehr bauen können“, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo auf der Betriebsversammlung unter Verweis auf Unternehmensangaben. Insgesamt sei das Werk nur auf knapp 400.000 Fahrzeuge gekommen, "ein historischer Tiefstand".

Und auch 2022 sehe es nicht viel besser aus. "Für dieses Jahr stehen 570.000 Fahrzeuge im Programm", sagte Cavallo. "Das entspricht weder dem, was wir vereinbart haben, noch dem, was dieses Werk leisten kann." Denn die letzte Vereinbarung zum Standort hatte noch 800.000 Fahrzeuge vorgesehen, der Konzern hatte zeitweise sogar eine Million angepeilt.

Konzernchef Herbert Diess, der nach Cavallo sprach, sieht aber Chancen, dass es in diesem Jahr besser laufen könnte. "Die Versorgungssituation wird besser, aber auch in 2022 werden wir nicht alle Autos bauen können, die wir verkaufen könnten", sagte er. "Aber wir sehen gerade für die zweite Jahreshälfte Chancen für weitere Produktionssteigerungen."

Grund für die massiven Ausfälle in Wolfsburg sei aber nicht nur die Knappheit bei Halbleitern, sondern auch deren Verteilung innerhalb des Konzerns, fügte Cavallo hinzu. "Kein Standort hat unter dem Halbleiter-Mangel so sehr gelitten wie Wolfsburg", sagte Cavallo. "Vorrang hatten vor allem die MEBs in Zwickau, aber teilweise auch unsere großen Gewinnbringer bei Porsche und Audi."

Das werde in Wolfsburg zunehmend zum Problem. "So bitter das ist: Inzwischen geht es bei uns um die Beschäftigung für unsere Stammbelegschaft", sagte Cavallo. Im Dezember habe sich VW in Wolfsburg bereits von 491 Leiharbeitern getrennt. Die Stammbelegschaft dagegen genieße bis 2029 Kündigungsschutz. Stattdessen drohe jetzt drohe aber der Wegfall von Nachtschichten inklusive der attraktiven Zuschläge, die nach Informationen der Automobilwoche bis zu 400 Euro im Monat ausmachen können. Rund 5000 Mitarbeiter könnten davon betroffen sein. Cavallo forderte daher, dafür zumindest einen teilweisen Ausgleich zu zahlen.

Diess räumte ein, dass das Stammwerk besonders stark betroffen sei. "Mir ist die kritische Situation in Wolfsburg sehr wohl bewusst. Wolfsburg ist besonders hart von der Halbleitersituation betroffen", sagte er. Und bereitete die Mitarbeiter auf weitere Einschnitte vor. "Deshalb sind Kapazitätsanpassungen erforderlich, auch mittelfristig." Das, so räumte Cavallo ein, werde auch die Belegschaft treffen. "Es wird Einschnitte geben, es wird Einbußen geben. Das können wir nicht verhindern."

Sie zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Transformation des Standortes gelingen werde. "Die nächsten Monate werden hart, aber wir werden auch zukünftig hier in Wolfsburg das Leitwerk für den gesamten Volkswagen-Konzern sein. Von hier geben wir den Takt für den Konzern vor."

In diesem Punkt war sie sich dann mit Diess einig. "Wenn wir uns jetzt reinhängen, können wir Wolfsburg bis 2030 wettbewerbsfähig in der neuen Autowelt und damit zukunftssicher machen", sagte der VW-Chef. Und zeigte sich zuversichtlich, dass das mit dem Projekt Trinity auch gelingen wird. "Ich spüre eine neue Energie hier in Wolfsburg und auch die Lust auf den Wettbewerb mit Grünheide", dem neuen Tesla-Werk, mit dem sich Diess messen will.

Den Namen des Konkurrenten, den Diess bisher gern als Maßstab anführte, nahm er in seiner Rede aber nur ein einziges Mal in den Mund: Bei der Aufzählung der Top 4 E-Auto-Anbieter in Amerika, neben Ford, GM und Volkswagen selbst.

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