Er ist die automobile Entsprechung zum Bilanz-Buchhalter – brav, bieder, bodenständig – und deshalb um so beständiger. Doch so, wie selbst nüchterne Erbsenzähler bisweilen mal über die Stränge schlagen, lässt sich nun auch der VW Golf ein bisschen gehen. Denn wer für stolze 49.260 Euro aufwärts das zum Jahreswechsel eingeführte R-Modell der Generation 8 bestellt und trotz der mühsamen Touchbedienung irgendwann im sportlichsten Fahrmodus landet, der erlebt den braven Golf als Teilzeit-Punk. Die meiste Zeit fast schon erschreckend zahm und züchtig, poltert und prollt er plötzlich wie ein Fußballfan beim Heimspiel in seinem Block: Ja, auch der biederste aller Biedermänner taugt also zum Brandstifter.
Allerdings ist die schwarze Seele des Strebers tief verborgen. Denn wo man den Fußballfan zumindest an seiner Kutte erkennt, trägt Golf selbst als R-Modell einen vergleichsweise braven Anzug. Zumindest von vorne und dann noch aus dem Rückspiegel betrachtet, ist er vom konventionellen GTI kaum zu unterscheiden und lässt deshalb das nötige Überholprestige vermissen. Und auch innen ist das R-Modell – Sportsitze mit gesticktem Logo hin, R-Mode-Taste im Lenkrad her – viel zu nah am zivilen Achter, als dass der Blutdruck steigen könnte. Einzig wenn der Golf vorbeizieht und man ihm auf die Kehrseite schaut, machen ihn der große Spoiler und die beiden Titanstutzen aus dem Hause Akrapovic unverwechselbar.