Großes vor mit dem Kleinen

Als wirklich großer Wurf gilt der Kleine nicht. Auch wenn die Produktionszahlen des A1 – seit Markteinführung 2010 liefen immerhin über 830.000 Einheiten vom Band – dies suggerieren könnten. Konkurrent Mini ist da deutlich erfolgreicher unterwegs und auch im Alltag optisch präsenter. Zwar behauptet Simone Rieger vom Audi Produkt-Marketing, der A1 sei Marktführer in seinem Segment, zieht hier aber nur die viertürige Version als Vergleich heran.

Und während Mini neben seinem putzigen Design auch eine lückenlose Historie mit Kult-Charakter vorweisen kann, haben die Ingolstädter nichts Gleichwertiges in die Waagschale zu werfen. Außer vielleicht, dass es vor mehr als 40 Jahren einen Audi 50 gab. Für A1-Kunden – das Modell hat die jüngste Käuferstruktur bei Audi – dürfte dies bei ihrer Kaufentscheidung jedoch nie eine Rolle gespielt haben.

75 Prozent von ihnen sind laut Audi sogar Neukunden, darunter sehr viele weibliche. „Der A1 ist ein Womanizer“, so Simone Rieger. Genau das aber soll A1 Nummer zwei nicht mehr sein.

Um mehr Männer anzusprechen, verpasste Designchef Marc Lichte dem kleinsten Audi knackigere Linien und trieb ihm die leicht pummelige Form aus. Der A1 wurde mit 4,03 Metern 56 Millimeter länger, misst in der Breite jetzt üppige 1,94 Meter (+ 34 Millimeter) und steht mit 1,41 Metern 13 Millimeter niedriger auf seinen Rädern. Der Radstand wuchs um 94 Millimeter auf 2,56 Meter.

Die neuen Proportionen lassen den A1 kräftiger und maskuliner wirken. Lichtes Verdienst sind dabei neben den drei Schlitzen unterhalb der Motorhaube (Hommage an den Rallye-Ur-Quattro) die sogenannten Blister-Kanten über den Kotflügeln. Die muskulösen Backen sollen ebenfalls Audis Quattro-DNA betonen. Und damit sie dies optisch möglichst ungestört tun können, unterbrach Lichte die sonst übliche, seitliche Toronado-Linie, positionierte sie in Kurzform unterhalb der Türgriffe und rückte zudem die Außenspiegel von den Schultern hoch ins Dreiecksfenster. „Unser Ziel war es, das sportlichste Auto seiner Klasse zu kreieren“, sagt Marc Lichte.

Ebenso im Innenraum ließ Audis dynamischer Designer kein Stein auf dem anderen. Motto: Knöpfe und Schalter in möglichst großer Anzahl raus, Black Panel Displays und die virtuelle Anzeigenwelt hinein. Der A1 soll innen wie ein kleiner A8 daherkommen. Es gibt daher keinen MMI-Dreh-Drücksteller mehr. Was im Digital-Cockpit allerdings wie Anachronismus wirkt ist der mechanische Handbremshebel. Stolz ist man bei Audi darauf, dem Kunden 30 Farben für das Ambiente-Licht anbieten zu können und eine riesige Auswahl an Individualisierungsmöglichkeiten. „Wir trennen hier Exterieur und Interieur“, sagt Marketing-Frau Simone Rieger, „beides ist in den Ausstattungslinien nicht mehr voneinander abhängig.

Technisch wechselte der A1 von der Plattform PQ25 auf MQB A0. Das neue Layout schafft mehr Platz für die Gäste im Fond und einen größeren Kofferraum. Er wuchs um 65 auf 335 Liter. Liegen die Rücksitzlehnen (1/3 zu 2/3 geteilt) flach, sollen bis zu 1.190 Liter in den kleinen Audi passen. Das wäre ein Plus von 170 Liter.

Einen Dreitürer wird es vom A1 nicht mehr geben. Und ebenso keinen Dieselmotor mehr. Zwar wollte Audis Technischer Projektleiter Tobias Junglas dies nicht offiziell bestätigen, doch zur Markteinführung im November wird kein Selbstzünder in der Preisliste stehen.

Dafür vier Benziner. Alle sind aufgeladene Direkteinspritzer (TFSI). Die beiden Dreizylinder (1,0 Liter Hubraum) laufen unter der Bezeichnung 25 TFSI und 30 TFSI und haben 95 beziehungsweise 116 PS. Relativ neu ist der 1,5-Liter-Vierzylinder (35 TFSI) mit Zylinderabschaltung und 150 PS. Topmotorisierung wird vorerst der 40 TFSI (erkennbar an den roten Bremssätteln) mit zwei Liter Hubraum und 200 PS. Er fährt serienmäßig mit dem Doppelkupplungsgetriebe s-tronic. Die anderen Versionen haben ein manuelles Sechsganggetriebe. Vermutlich noch 2019 wird Audi den S1 mit Quattro-Antrieb nachreichen. Mild-Hybrid- oder CNG-Versionen wird es nicht geben.

Gefertigt wird der neue A1 fortan bei Seat in Martorell. Audis Einstiegsmodell macht damit in seinem bisherigen Geburtsort Brüssel Platz für das Elektro-SUV e-tron (Weltpremiere am 30. August in Brüssel). Martorell soll zum Produktionszentrum für die Architektur MQB A0 ausgebaut werden. Bestellbar ist der A1 ab kommenden Monat. Erst dann will Audi Preise nennen. Sie dürften sich erneut am viertürigen Mini orientieren. Der Lifestyle-Brite bleibt der einzige Wettbewerber des A1.