Als 2011 und 2012 die ersten Werkstattportale auf den Markt kamen, war die Angst zunächst groß: Nach dem Gebrauchtwagengeschäft würden sich nun auch im stabilsten Ertragsbringer des Kfz-Gewerbes Intermediäre etablieren und den Werkstätten wertvolle Prozente ihrer Umsätze wegnehmen.
Disruption ist inzwischen das Schlagwort geworden, unter dem dieser Prozess in vielen Branchen und Bereichen läuft. Er hat den Neuwagenverkauf ebenso erreicht wie den Gebrauchtwagenankauf. Nur im Werkstattgeschäft scheint er zu scheitern. Selbst die lange hoch gehandelte Bosch-Tochter Drivelog hat jetzt aufgegeben.
Fairgarage und das Werkstattportal von AutoScout24 waren 2012 heiße Kandidaten dafür, den Bereich aufzurollen. Das erste Portal ist zwischenzeitlich von der DAT aufgekauft worden. Heute wird vor allem die Technik hinter dem Portal als White-Label-Lösung genutzt, um Autohäusern und Werkstätten eine Angebotskalkulation auf der eigenen Seite zu ermöglichen. AutoScout24 hat sein Werkstattportal bereits 2014 weitgehend auf Eis gelegt, nachdem es zuerst sogar geheißen hatte, es werde eingestellt. Und Autobutler wurde 2016 von PSA übernommen.
Nun hat es also auch Drivelog erwischt. Lange Zeit galt die Bosch-Tochter dabei als heißester Kandidat für die Marktführerschaft. Mit der Mutter Bosch im Rücken, den Bosch-Werkstätten als Rückgrat eines breiten und flächendeckenden Angebots und einem OBD-Dongle, der das Problem der Ferndiagnose lösen sollte, schien das Berliner Start-up gut aufgestellt. Auch die Leser der Automobilwoche sahen das so und wählten Drivelog 2014 zum Top-Unternehmen im Servicebereich.
Woran ist Drivelog letztlich gescheitert? Eine Bosch-Sprecherin brachte es auf den Punkt: "Weil man von guten Bewertungen alleine nicht leben kann." Letztlich habe man einfach zu wenige Nutzer dazu gebracht, online zu buchen - und zwar wiederkehrend. Ein Problem, das offenbar viele Plattformen haben.
Doch gilt das Urteil für alle Werkstattportale? Ist der Markt einfach ungeeignet?
Zumindest haben die Akteure dort vier Probleme, von denen allerdings eines erst in der Zukunft greifen wird:
- Selbst wer die Portale nutzt wird das oft nur einmal tun. Hat man einmal eine gute Werkstatt gefunden, wird man künftig direkt bei ihr buchen. Hat man eine schlechte gefunden, wird man das nächste Mal wohl einen anderen Weg einschlagen, um eine Werkstatt zu finden.
- Auch wenn es inzwischen Dongles gibt, sind die Möglichkeiten einer kompletten Onlinebuchung mit Preisangabe sehr beschränkt - vor allem wenn es um Reparaturen geht. Mit der Information "zwischen 80 und 100 Stundenkilometern klappert es immer hinten rechts" kann ein Computersystem nun mal nicht umgehen. Und der typische Kunde ist Laie und kann hier auch nicht helfen.
- Auch freie Werkstattketten bieten Dienste wie die Onlinebuchung für einen beschränkten Umfang an Leistungen bereits an, machen den Portalen also kräftig Konkurrenz.
- Das Problem der mangelnden Diagnosefähigkeit werden immer stärker mit Sensoren ausgerüstete und vernetzte Autos zwar zum Teil lösen, doch in der Regel werden die ihre Informationen nicht zu den unabhängigen Werkstattportalen schicken sondern zu den Herstellern oder den Markenwerkstätten. Genau dies streben die Hersteller mit ihren Systemen wie Volkswagen we oder Mercedes me ja an.
Es könnte also durchaus sein, dass der Werkstattbereich dem ersten Anlauf zur Digitalen Disruption widersteht. Für das Kfz-Gewerbe wäre das angesichts von teilweise zweistelligen Prozentwerten, die die Portale an Umsatzbeteiligung einbehalten wollten eine gute Nachricht. Die Cash-Cow der Branche wird weiterhin Milch geben.