VW hat offenbar mehrere tausend Fahrzeuge aus der Vorserienproduktion an Endkunden verkauft, ohne diese darauf hinzuweisen. Das könnte auch Konsequenzen über den nun gestarteten Rückruf hinaus haben. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Frage, ob es sich um Fahrzeuge vor der Nullserie oder um Fahrzeuge aus der Nullserie handelt.
"Ein Verkauf von Fahrzeugen vor der Nullserie ohne Hinweis auf die Vorserieneigenschaft beinhaltet bereits eine betrügerische Absicht, weil ein Minderwert aufgrund der Vorserie nicht ausgeschlossen werden kann", sagt Genzow. Sei das Fahrzeug zudem nicht ordnungsgemäß zugelassen worden, "kann an der Betrugsabsicht nicht der mindeste Zweifel bestehen".
"Fahrzeuge vor der sogenannten Nullserie sind regelmäßig nicht für den Verkauf geeignet", sagt er. Zwar könne es eine Ausnahme geben, wenn das Fahrzeug "nachweisbar in allen Einzelheiten technisch überprüft worden und freigegeben ist", doch dies müsse dann bis in die Einzelheiten belegt werden. "Der Aufwand dafür ist in der Regel so groß, dass sich ein Verkauf nicht lohnt", sagt Genzow. Normalerweise würden diese Autos daher verschrottet. "In jeden Fall muss aber ausdrücklich offengelegt werden, dass es sich um es sich um ein Vorserienmodell handelt."
Fahrzeuge der Nullserie werden dagegen häufiger verkauft, meist allerdings an Mitarbeiter und mit entsprechenden Nachlässen. Doch auch hier müsse die Entstehung offengelegt werden, wie Genzow betont. "Denn die – zutreffende – Vorstellung des Verbrauchers ist, dass es sich noch um ein Versuchs-Fahrzeug handelt und es daher spätestens beim Weiterverkauf einen Minderwert hat – ähnlich beispielsweise einem Unfallfahrzeug."Kunden, die ein solches Fahrzeug erworben haben, können nach Einschätzung des Juristen das Fahrzeug zurückgeben und den vollen Kaufpreis zurückverlangen – auch wenn das Auto bereits genutzt wurde. "Anspruch auf Nutzungsentschädigung hat VW in diesem Fall nicht", sagt Genzow.
Händlern, zu denen betroffene Kunden kommen, rät Genzow zu einem zurückhaltenden Vorgehen. Am besten sei es, nicht selbst Stellung zu beziehen sondern dem Kunden zu sagen, dass man den Vorgang an VW weiterleite und der Hersteller sich äußern werde, rät er. Der Händler müsse sich jedenfalls "nicht die Täuschung des Herstellers zurechnen lassen, wenn der Kunde Ansprüche gegen ihn stellt". Er könne aber die Ansprüche an VW durchreichen, "weil er ja genauso getäuscht worden ist".
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