München. In der deutschen Automobilindustrie ist die Angst vorm Ruß zurückgekehrt. Während die Euro-5-Emissionsnorm speziell für direkteinspritzende Ottomotoren erstmals einen Grenzwert für die Rußpartikelmasse vorschreibt, stellt die nächste Stufe Euro 6 die Hersteller vor große Herausforderungen. „Wie beim Diesel dürfte dann auch beim Benziner der Rußpartikelfilter kommen“, glaubt Thomas Wünsche, Leiter der Sparte Abgastechnik beim Esslinger Zulieferer Eberspächer. Auch beim Filterspezialisten Mann+ Hummel geht man von einem flächendeckenden Einsatz des Partikelfilters für Euro 6 aus. „Da braucht nur ein Hersteller anzufangen“, so M+H-Chef Alfred Weber mit Blick auf die Situation beim Diesel im Jahr 2003.
Damals war Peugeot vorgeprescht und hatte vor allem die deutschen Hersteller schlecht aussehen lassen. „Raucher oder Nichtraucher?“ wurde in der Werbung provokant gefragt. Durch den öffentlichen Druck, den die Kampagne erzeugte, setzte sich der Rußpartikelfilter als Standard durch, obwohl die Motorenentwickler durchaus bessere Alternativen hatten. „Das ist ein ganz heißes Eisen“, heißt es nun in der Branche hinter vorgehaltener Hand. Auch jetzt stehen die Hersteller vor der Wahl, zur Erfüllung der Grenzwerte entweder mit verschiedenen innermotorischen Maßnahmen den Rußpartikelausstoß zu verringern oder einen entsprechenden Filter einzubauen. Neben dem Rußfilter prüfen die Entwickler deshalb auch andere Maßnahmen, um die Masse der Partikel zu verringern. Dazu gehören zum Beispiel andere Einspritzdüsen und ein höherer Einspritzdruck.
„Möglicherweise brauchen wir aber auch einen radikaleren Ansatz, indem wir die Direkteinspritzung mit der Saugrohreinspritzung kombinieren“, so ein Branchenvertreter. Dies allerdings würde die Entwicklung von neuen Motorenkonzepten bedeuten und die Kosten weiter in die Höhe treiben. Der Partikelfilter wiederum hat den Nachteil, dass er Verbrauch und CO2-Ausstoß erhöht, weil der Gegendruck im System steigt. Mit den Euro-5- und Euro-6-Normen will die EU vor allem den Ausstoß von Stickoxiden (NOx) und Partikeln senken. Bei Euro 5 für Ottomotoren ist ein NOx-Wert von 60 Milligramm pro Kilometer festgeschrieben – eine Reduktion um 25 Prozent gegenüber der Euro- 4-Norm. Neu ist der Grenzwert von fünf Milligramm pro Kilometer für die Partikelmasse.
Diese Schwelle wurde eigens für Benzin- Direkteinspritzer definiert. Denn in den hochaufgeladenen Aggregaten entstehen viele der sehr kleinen und gefährlichen Rußpartikel. Während die Grenzwerte für Euro 5, die bereits seit dem 1. September 2009 für neu entwickelte Fahrzeugmodelle gelten, offensichtlich ohne Rußfilter zu schaffen sind, sind bei der Euro-6-Norm noch viele Fragen offen. Noch hat die Europäische Union nicht alle Bedingungen endgültig festgelegt. So fehlt zum Beispiel der Grenzwert für die Anzahl der Partikel. Und das, obwohl die Zeit drängt, da die Norm schon am 1. September 2014 in Kraft tritt. „Wir brauchen schnell Klarheit“, heißt es deshalb in der Branche.