New York. Sollen die Chinesen doch kommen: Kein anderer Exportmarkt ist für Mercedes-Benz so wichtig wie die USA. Wie Landeschef Steve Cannon diese Stellung wahren will, erklärt der einstige Kampfpilot mit dem durchschlagenden Namen im Interview mit der Automobilwoche.
Herr Cannon, zwischenzeitlich galt Amerika als abgeschrieben. Jetzt sind die USA wieder da. Lassen Sie sich von den Chinesen nicht einholen?
Der US-Markt war, ist und bleibt einer der wichtigsten der Welt. Auch in der globalen Krise wurden hier mehr Autos verkauft als überall sonst. Das gilt insbesondere für Mercedes. Wir freuen uns über gute Geschäfte in China, aber die USA sind aktuell unser größter Exportmarkt. Und daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern.
Wie steht denn Mercedes in den USA heute da?
Besser denn je. Wir haben hier im vergangenen Jahr fast eine Viertelmillion Autos verkauft. Und das neue Jahr beginnt sogar noch besser. Allein in den vergangenen sechs Monaten ist der Absatz um 24 Prozent gestiegen. Für das erste Quartal haben wir 61.000 Zulassungen in den Büchern und den höchsten US-Marktanteil aller Zeiten. Deshalb sind wir guter Dinge, in diesem Jahr sogar unser Allzeit-Hoch von 2007 zu knacken. Und das ist nur der Anfang.
Wie soll es weitergehen?
Wir wollen in Amerika in den nächsten Jahren stärker wachsen als je zuvor. Marktanteil und Zulassungen sollen deutlich steigen. Wenn Mercedes global 2020 die Nummer eins sein will, dann wollen wir dieses Ziel hier in Amerika
ein paar Jahre vorher erreichen. Die Vorbereitungen dafür wurden in Stuttgart, in unserer US-Zentrale in New Jersey und im Werk Tuscaloosa längst getroffen.Wer hat was vorbereitet?
Wir hier auf dem US-Markt haben unser Händlernetz auf Vordermann gebracht. Gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern haben wir 1,4 Milliarden Dollar in neue, schönere und größere Showrooms im ganzen Land investiert. Parallel dazu haben die Kollegen in Tuscaloosa die Fabrik für unsere SUVs erweitert und modernisiert. Zwischen 2010 und 2014 investieren wir dort mehr als 2,4 Milliarden Dollar. Die Produktion wird in diesem Jahr um rund ein Viertel steigen. Wenn zum Herbst der gerade vorgestellte GL anläuft, legen wir noch einmal einen Zahn zu, und ab 2014 kommt dann ja auch noch die C-Klasse dazu. Übrigens ebenfalls mit Motoren aus den USA. Die bauen wir in unserem neuen Werk in Decherd in Tennessee. Am meisten für das US-Wachstum tun aber die Kollegen in Stuttgart oder besser in Sindelfingen. Denn sie entwickeln eine
ganze Reihe neuer Modelle, auf die wir uns sehr freuen. Immerhin bringen wir in den nächsten drei Jahren neun völlig neue Fahrzeuge, mit denen wir uns wie mit den Modellen aus der Familie der A-Klasse neue Segmente erschließen werden – zusätzlich zu Nachfolgern und Generationswechseln wie jetzt beim GL. Das wird uns ein großes Stück weiter nach vorn bringen.Autos wie die neue A-Klasse dürften aber nicht nur das US-Geschäft, sondern auch den Absatz in China beflügeln.
Wir sind alle eine Familie, und ich gönne den Kollegen in China jede einzelne Zulassung. Trotzdem glaube ich nicht, dass uns der chinesische Markt so schnell abhängen wird. Und wenn doch, dann bin ich der Erste, der den Kollegen da drüben anerkennend auf die Schulter klopft. (Foto: Daimler)