Die Zeiten, in denen ein Rolls-Royce nur was für alte Säcke mit dicken Konten war, sind schon lange vorbei. Spätestens seit es den Ghost und natürlich den Cullinan gibt und seit die Milliardäre in China und Amerika immer jünger werden, sinkt auch das Durchschnittsalter der erlauchten Kunden in Goodwood und der Geschmack unterliegt einem dramatischen Wandel. Darauf haben die feinen Briten vor sechs Jahren nach langem Ringen mit dem Label "Black Badge" reagiert. Denn bevor die Vielzahler ihr gutes Geld zu halbseidenen Tunern tragen und dort Gefahr laufen, die Grenzen des guten Geschmacks zu überschreiten, kuratieren sie in Goodwood lieber die Extrawünsche selbst, bündeln die Favoriten und rücken die Autos freiwillig auf die dunkle Seite der Pracht – und streichen den Aufpreis selber ein. Und zwar mit großem Erfolg: Schließlich kam die Sprit of Ecstasy mit dem düsteren Teint zuletzt auf einen Verkaufsanteil von 27 Prozent. Kein Wunder also, dass Rolls-Royce nicht lange fackelt und den Ghost nur ein gutes Jahr nach der Premiere der zweiten Generation wieder zum Liebling der luxuriösen Schwarzfahrer aufrüstet. Natürlich hat auch dieser Grenzgang seinen Preis. Denn für weniger als 70.000 Euro ist die Schwarzmalerei nicht zu haben, so das am Ende mindestens 359.380 Euro auf der Rechnung stehen – immerhin dann schon mit Steuern.
Dafür gibt ein mystisches Schwarz der sonst so schillernden Limousine einen buchstäblich düsteren Anstrich, der perfekt in protzige Rapper-Videos, Mafia-Filme oder einfach zu Reichen passt, die wenig Wert legen auf Tradition und Herkunft. Nicht nur die Bleche saugen so förmlich das Licht auf. Sondern auch die allermeisten Zierteile, die sonst aus Chrom sind und einen selbst an nebelgrauen Tagen zur Sonnenbrille greifen lassen, sind jetzt schwarz gehalten. Das gilt für das Markenlogo und auf Wunsch die Einfassung der Fenster genauso wie für die spektakulären Felgen aus Karbon und geschmiedetem Aluminium oder den den tempelgleichen Kühlergrill. Selbst Emily herself hat ein schwarzes Nichts um ihren wohl proportionierten Körper geschlungen.
Die Ausnahme
Rolls-Royce bietet auch den neuen Ghost wieder als "Black Badge" an - für Kunden, die weniger Wert auf Tradition legen und es etwas düsterer mögen.
Das sonst helle Holz im Innenraum ist mit dunklem Karbon überzogen.
Die schwarze Seele der Entwickler kommt auch im Innenraum ans Licht: Wo man sonst in Lack und Leder schwelgt und bisweilen mehr helles Holz sieht als in einem Londoner Herrenzimmer, tragen die Furniere nun eine Deckschickt aus dunklem Bolivar, bevor sie mit aus Karbon gewebten Blättern und einem Rautenmuster aus metallbeschichteten Fäden belegt, lackiert und poliert werden. Und natürlich haben sie wieder jene liegende Acht als Zeichen der Unendlichkeit ins Leder gestickt, mit der die Briten daran erinnern wollen, dass Black Badge-Kunden keine Grenzen akzeptieren und deshalb unendliche Möglichkeiten haben.
Zwar ist das Black Badge vor allem ein Design-Statement und wenn es für den Aufpreis einer respektablen Limousine nur ein bisschen dunklen Zierrat gäbe, würde das bei Rolls-Royce weder wundern noch stören. Doch auch in Goodwood haben die Ingenieure ihren Stolz und wollen die Schwarzmalerei nicht allein dem Design überlassen.
Deshalb haben sie ein wenig am Fahrwerk gefeilt, die Lenkung direkter abgestimmt und die Automatik so programmiert, dass sie auf Wunsch später hoch und früher herunterschaltet. Während sie ihre acht Gänge sonst wie von Geisterhand wechselt, spürt man jetzt ganz fern und sanft tatsächlich so etwas wie einen Schaltruck.
Neben dem Design hat Rolls-Royce auch Fahrwerk und Motor überarbeitet.
Außerdem haben die Ingenieure noch einmal Hand an den gewaltigen V12-Motor gelegt und einen Hauch mehr Power aus dem Triebwerk gekitzelt: Statt auch nicht gerade ärmlicher 571 PS leistet der 6,75 Liter im Ghost dann 600 PS und kommt auf 900 statt 850 Newtonmeter. Zudem materialisiert sich der sonst ein wenig ätherische Ghost, wird greifbarer und gegenwärtiger. Er schärft die Sinne, spannt die Muskeln an, reagiert feinfühliger aufs Gas und zeigt beim Bremsen ein bisschen mehr Zähne. Entsprechend flott geht die Wuchtbrumme in deutlich weniger als fünf Sekunden von 0 auf 100 und erreichen derart mühelos die 250 km/h, dass man ihnen sogar ein bisschen mehr Fracksausen zutrauen würde. Aber ganz so wild treiben es die Briten dann eben doch nicht.
Zwar hat Rolls-Royce für den Black Badge einen eigenen Schwarzton angerührt, der aufwändiger lackiert und länger poliert wird als alle anderen Farben und deshalb in einer unvergleichlichen Tiefe glänzt. Nicht umsonst werden 45 Kilo Lack aufgetragen und die gesamte Prozedur dauert konkurrenzlose fünf Stunden. Doch weil der Kunde König ist in Goodwood und weil nicht jeder seine schwarze Seele ganz so demonstrativ nach außen kehren will, gibt es den Black Badge auch in allen 44.000 anderen Farben des Rolls-Royce-Regenbogens. Alles nur eine Frage des Preises.
Aus dem Datencenter: