Moskau. Der Flughafen eine chaotische Baustelle, das Wetter miserabel und der Verkehr eine Katastrophe: Diese Hürden auf dem Weg zur Motorshow in Moskau (noch bis 9. September) nehmen die Autohersteller mit einem Lächeln. Denn die Nachfrage nach Neuwagen ist in Russland gewaltig. Der Markt wird nach Einschätzung von Frank Schauff, Geschäftsführer der Vereinigung Europäischer Unternehmen in Russland, in diesem Jahr um 30 Prozent wachsen. Die Russen sind drauf und dran, die Deutschen als Europameister im Autokaufen abzulösen. Kein Wunder also, dass die Autobauer wenige Wochen vor dem Pariser Salon eine ganze Reihe Neuheiten nach Moskau gekarrt haben.
Die mit Abstand wichtigste Premiere ist der Mazda6. Sportlicher gezeichnet, größer und trotzdem bis zu 20 Prozent sparsamer als früher, soll er hierzulande weiter zu Wettbewerbern wie dem VW Passat, dem Opel Insignia oder dem Renault Laguna aufschließen. Doch der Fokus liegt andernorts, sagt Mazda-Verkaufschef Yuji Nakamine: «Nach Amerika ist Russland für dieses Auto unsere wichtigster Markt.» Zumindest für die Limousine. Weil den Japanern die alte Autowelt aber nicht gleichgültig ist, ziehen sie in vier Wochen nach und zeigen in Paris den vor allem für Westeuropa bestimmten Kombi. In den Handel kommen beide Autos Anfang Februar zu Preisen unter 25.000 Euro.Opel zeigt in Moskau den frisch überarbeiteten Astra als Limousine. Der Viertürer ist 24 Zentimeter länger als das Schrägheck, bietet ein Kofferraumvolumen von 460 Litern und wurde nach Angaben von Vertriebsvorstand Alfred Rieck vor allem mit Blick auf den russischen Markt ins Programm genommen. «Das ist der Grund, weshalb wir diese Variante zunächst ausschließlich in Russland produzieren», sagt der Opel-Manager. Die Hessen schließen ihre Kunden im Westen aber nicht aus: Zu Preisen ab 18.270 Euro wird der Wagen in ein paar Wochen auch in Deutschland angeboten.Die Premieren der Motorshow in Moskau
Limousinen wie der Astra oder der Mazda6 stellen laut Vladimir Vidulov vom Marktbeobachter Jato Dynamics neben kompakten Geländewagen wie den für die Messe frisch gelifteten Modellen Kia Sorento oder Land Rover Freelander den Löwenanteil auf Russlands Straßen. Aber vor allem in Moskau und St. Petersburg prosperiert der Absatz von Sportwagen, Luxuslimousinen und großen Allradlern. Im Land der Oligarchen, in dem es alleine mehr als 100 Dollar-Milliardäre und viele Tausend Millionäre gibt, machen deshalb auch die Nobelmarken gute Geschäfte. Dafür revanchieren sie sich in Moskau mit einer Reihe von Premieren.
Mercedes zum Beispiel zeigt den großen Geländewagen GL zum ersten Mal als GL 63 AMG mit 410 kW/557 PS und ist zuversichtlich, damit zahlreiche Kunden anzusprechen: «Schon nachdem wir die ersten Fotos veröffentlicht haben, gab es Blindbestellungen», sagt der Moskauer Vertriebschef Jörg Schmidt.Audi hat auf der Messe den überarbeiteten Supersportwagen R8 enthüllt. Und Bentley krönt die Continental-Baureihe mit dem GT Speed: 460 kW/625 PS und eine Spitzengeschwindigkeit von 330 km/h machen ihn zum schnellsten Serienmodell in der Firmengeschichte - von dem die Russen allerdings wenig haben werden. «Das Tempolimit im Land liegt bei 110 km/h», erklärt Vidulov.Da passt die Premiere von Jaguar schon besser. Die Briten zeigen in Moskau zum ersten Mal den Allradantrieb für die Limousinen XF und XJ. «Schließlich haben wir hier sechs bis sieben Monate Winter», sagt Alexandr Koshelev, einer der erfolgreichsten Autoverkäufer in der Stadt.
Luxusmodelle, Supersportler und Geländewagen für die Reichen und Limousinen für die breite Masse: Die westlichen Hersteller fahren auf der Messe so groß auf, dass man Heimspieler wie Lada oder ZAZ ebenso übersehen könnte, wie die wenigen chinesischen Autobauer, die bereits den russischen Markt beackern. Dabei hat Lada die zweite Generation des Kleinwagens Kalina und eine Crossover-Studie namens X-Ray mitgebracht. Aber die Nebenrolle passt ins Bild, erläutert Branchenexperte Vidulov: «Zumindest in den Straßen von Moskau oder St. Petersburg spielen die heimischen Hersteller kaum mehr eine Rolle.»In den großen Städten sieht man laut Vidulov einen Lada fast so selten wie in München oder Hamburg. Doch je weiter man aufs Land fahre, desto stärker wandele sich das Bild. «Und Land gibt es bei uns genug.» Deshalb komme allein Lada in Russland noch immer auf einen Marktanteil von fast 20 Prozent. (dpa/nib)